Fahrgestellnummer gefälscht? Was kann automotive Forensik herausfinden?
Der Oldtimer-Markt hat sch dem Kunstmarkt angenähert, in manchen Fahrzeugsegmenten ist Profiwissen gefragt, um zu vermeiden, dass man sich beim Kauf auf ein gestohlenes oder gefälschtes Fahrzeug einlässt.
Die Klassikstadt in Frankfurt am Main ist vielen ein Begriff, doch nicht alle wissen, dass zwei echte Fahrzeugexperten dort Ihren Hauptsitz haben.
Fabian Ebrecht und Sebastian Hoffmann haben Ihr Büro in der FSP Prüfstelle in der Orber Straße. Wer annimmt, dass man hier lediglich seine HU-Plakette erneuern kann oder eine H-Abnahme bekommt der irrt gewaltig. Die beiden Klassiker-Experten stehen seit jeher in engen Kontakt zum TÜV Rheinland und sind außerdem Gründer des IfaF, des privaten Instituts für Fahrzeugforensik.
Wer bei Forensik direkt an Seziertisch und Ermittlung von Todesursachen denkt, liegt zwar nicht komplett falsch, doch Forensik ist genaugenommen ein Sammelbegriff für wissenschaftliche und technische Arbeitsgebiete, in denen kriminelle Handlungen systematisch untersucht werden. Insbesondere die Wertentwicklung der Klassiker hat dazu geführt, dass immer häufiger Fahrzeuge am Markt auftauchen, die nicht irgendwann einmal von Porsche 911 auf RS Optik getrimmt wurden oder vom 300 SE 3.5 Coupé auf Cabrio um gebaut wurden, sondern ganz gezielt gefälscht wurden.
Besonders leicht wird das Ganze im Hinblick auf eine Vielzahl von gehandelten Identitäten, so wurden und werden deutsche Fahrzeugbriefe und ausländische Papiere als Sammlerstücke gehandelt, was es Dieben und Fälschern besonders leicht macht. Denn nicht nur zur Fälschung werden Identitäten manipuliert oder komplett übertragen, auch um einen Diebstahl zu verschleiern, ist es an der Tagesordnung eine vermeintlich sichere Identität vorzugaukeln - unabhängig davon, ob Klassiker oder Neuwagen.
Nur 3,5 Stunden - so Fabian Ebrecht in seinem Vortrag - waren nötig, um einen gestohlenen, aktuellen Porsche von Nürnberg nach Dresden zu verbringen. Umso erstaunlicher, dass den Dieben diese Zeit ausgreicht hatte, um bereits die Fahrgestellnummer professionell zu manipulieren. Je professioneller Diebe und Fälscher bei Ihrer Tat vorgehen, desto schwieriger wird der gutachterliche Nachweis, was unter Umständen letztlich dazu führen kann, dass das Diebstahlopfer mangels Beweisen zur Fahrzeugidentität, sein Fahrzeug nicht zurückerhält.
Welche Möglichkeiten gibt es, Manipulationen aufzudecken oder generell sichtbar zu machen?
– Magneto-Optisches Verfahren, zum Erkennen von eingeschlagenen Ziffern und Manipulationen unterhalb der sichtbaren Metallstruktur
– Materialanalyse und Abgleich durch Spektrometer (Spektralanalyse) zur Feststellung des Alters des Metalls
– Prüfung auf Schweissspuren in der Peripherie von Nummern
– Säure/Ätz – Verfahren zur Überprüfung auf umgeschlagene Nummern
– Röntgenprüfung macht Schweißnähte auch ohne Lackabtrag sichtbar
– Ultraschallprüfung kann nachweisen, dass Materialstärke (Blech oder Guss) durch Ausschleifen von Nummern geringer ausfällt.
– Härteprüfung (Messung des Kohlenstoffanteils und Rückschluss auf Streckgrenze)
Oftmals werden auch verschiedene Verfahren in Kombination angewendet, um zu sicheren und belastbaren Ergebnissen zu kommen, so die beiden Experten. Besonders bei Fahrzeugen wie einem Porsche 911 RS oder ähnlich beliebten Klassikern lohnt eine Untersuchung auch vor dem Kauf, da der Aufwand der Fälschung im Verhältnis zum erzielbaren Preis - d.h. die Preisdifferenz zum 911 S als Basismodell so groß ist, dass sich viele als vermeintlich echt gehandelten Fahrzeuge bei genauer Betrachtung als "Nachbau" entpuppen.
Problematisch bei guten Fälschungen wird es auch häufig dann, wenn nicht nur das Auto, sondern die komplette Fahrzeug-Dokumentation, also Papiere, Kaufbelege, Wartungsunterlagen etc. gefälscht sind, so Sebastian Hoffmann. Oder das gesamte Fahrzeug "passend" um eine echte Historie, also originalen Unterlagen "herum gebaut" wurde. Das kann man manchmal tatsächlich bedeuten, dass nicht nur das Blech um die FIN herum genauer betrachet werden, sondern ein kompletter Vorderwagen auf verdeckte Schweißspuren untersucht werden muss.
Ein echter Fall für Profis eben.
Unter der Leitung von Sebastian Hoffmann und Fabian Ebrecht und Frankfurt stehen Oldtimerbesitzern auch überregional ein umfassendes Netz an kompetenten Oldtimer-Sachverständigen zur Verfügung, die über die Gutachtenleistungen hinaus bei Marktforschung, Restaurationsbegleitung, FIA und FIVA Wagenpässen kompetent weiterhelfen.