Eigentum verjährt nicht, oder doch?

Februar 4, 2021 7:07 AM

Kann man an gestohlenem Gut rechtmäßig Eigentum erwerben?

Hinterher ist man immer schlauer, sagt der Volksmund. Einige Anhaltspunkte zum Thema Eigentum, Diebesgut und Hehlerei wollen wir in unserem heutigen Blogbeitrag liefern.

Kann man an gestohlenem Gut rechtmäßig Eigentum erwerben? Wie sieht es rechtlich aus, wenn ich etwas gutgläubig kaufe? Andere Länder andere Sitten, was passiert denn, wenn das Fahrzeug in den Niederlanden, oder Belgien weitverkauft wurde? Man kann in Deutschland, kein rechtmäßiges Eigentum an Diebesgut erwerben. Eigentum verjährt nicht, das gilt selbstredend auch für Fahrzeuge. Gutgläubiger Erwerb hilft dem Käufer in diesem Fall nur bedingt weiter. Gut für den Bestohlenen, er kann auf Rückgabe hoffen, Pech für den Erwerber, der einem Hehler auf dem Leim ging. Dieser ist nach geltendem Recht verpflichtet, das erworbene Gut seinem rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben. Den ihm als Käufer entstandenen Schaden kann er wiederum beim Verkäufer des Diebesgutes geltend machen. Das ist vermutlich nur in den seltensten Fällen möglich. Es handelt sich dabei um den Straftatbestand der Hehlerei. Zum Hehler wird allerdings auch, wer nach einem gutgläubigen Schnäppchenkauf hinterher „kalte Füße“ bekommt und beispielsweise einen gestohlenen Motor „sicherheitshalber“ weiterverkauft.

Wer bandenmäßig Hehlerei betreibt, auf den warten bis zu zehn Jahre Gefängnis
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Strafbar handelt aber definitiv derjenige, welcher beim Ankauf Kenntnis von dem Umstand hat, dass es sich um Diebesgut handelt. Durch die dauerhafte Registrierung von gestohlenen Fahrzeugen auf MICARE PS, wird zukünftig nicht nur der Handel mit gestohlenen Oldtimern erschwert, sondern auch der gutgläubige Erwerb am geklauten Porsche, ist dann nicht mehr so einfach, da alle Informationen zum entwendeten Oldtimer jedem kostenlos zur Verfügung stehen.

Kommen wir nun zu den Ausnahmen. In Belgien oder den Niederlanden, verjährt ein Besitzanspruch des Eigentümers. Nach drei oder mehr Jahren, ist ein „gutgläubiger Besitzer“ nicht mehr zur Herausgabe des Fahrzeuges an den ursprünglichen Eigentümer verpflichtet. Das Fahrzeug zurückzuerhalten ist außerordentlich schwierig, da die dortigen Behörden in dieser Konstellation ein Fahrzeug nicht beschlagnahmen.

Besonders ärgerlich für unser deutsches Rechtsempfinden ist in Belgien der Artikel 2280 Code Civil: Wenn der jetzige Besitzer den gestohlenen Porsche auf einem Markt oder bei einem öffentlichen Verkauf oder von einem Kaufmann, der derartige Sachen verkauft, gekauft hat, sprich bei einem Autohändler muss der ursprüngliche Eigentümer das Auto quasi auslösen. Der Eigentümer kann sein Eigentum dann nur gegen Erstattung des Kaufpreises, den der neuen Besitzer bezahlt hat, zurückfordern. Ausnahme auch hier: Der Nachweis, dass der Käufer nicht gutgläubig kaufte, was allerdings immer nur schwer nachzuweisen ist.

Über einen Herausgabeanspruch entscheidend im Streitfall der Richter, bei Unterschlagung gibt es ihn nicht
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Aber auch in Deutschland gibt es feine Unterschiede, die für ein böses Erwachen sorgen können:

Der § 935 BGB sieht vor, dass es keinen gutgläubigen Erwerb von abhanden gekommenen Sachen gibt. Dies gilt explizit bei Diebstahl (§ 242 StGB) Verlust oder sonstigem Abhandenkommen. Was viele nicht wissen, diese Regelung greift im Umkehrschluss nämlich nicht bei Unterschlagung (§246 StGB) Das könnte nicht nur die klassische „Probefahrt“ oder eine Unterschlagung in einer Werkstatt betreffen. Besonders bei klassischen Fahrzeugen, die bei Händlern zum Verkauf in Kommission verkauft werden sollen, gilt Vorsicht. Der gutgläubige Käufer kauft in diesem Fall kein Diebesgut, eine Herausgabe ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Ein Anspruch könnte dann nur gegen den „unterschlagenden Händler“ geltend gemacht werden, nicht gegen den neuen Eigentümer. Weiteres Problem, ein zum Verkauf angebotenes und unterschlagenes Fahrzeug fällt nicht unter die Deckung der Kaskoversicherung, man bleibt also auf seinem Schaden sitzen.

Genügt ein Fahndungseintrag zur Rückabwicklung eines Fahrzeugskaufs? Das hat in höchster Instanz der BGH entschieden
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Bundesgerichtshof bejaht Mangelhaftigkeit eines Gebrauchtwagens bei internationaler Fahndungsausschreibung (Schengener Informationssystem - SIS)

Beim Schengener Informationssystem handelt es sich um eine umfangreiche Datenbank, die unter anderem Informationen über gestohlene oder vermisste Fahrzeuge enthält. Der Hauptzweck der Datenbank ist - vor dem Hintergrund grundsätzlich weggefallener Grenzkontrollen an den Binnengrenzen - die Sicherstellung eines hohen Maßes an Sicherheit innerhalb der Schengen-Staaten, indem den zuständigen nationalen Behörden, wie Polizei und Grenzschutz, gestattet wird, Ausschreibungen zu Personen und Gegenständen einzugeben und abzufragen.

Sachverhalt und Prozessverlauf:

Der Kläger kaufte vom Beklagten im Jahr 2012 einen gebrauchten Oldtimer Rolls Royce Corniche Cabrio zum Preis von 29.000 €. Beim Versuch des Klägers, das Fahrzeug im Juli 2013 anzumelden, wurde es jedoch polizeilich sichergestellt, weil es im Schengener Informationssystem (SIS) von den französischen Behörden als gestohlen gemeldet und zur Fahndung ausgeschrieben worden war. Nachdem im Zuge der Ermittlungen - die auch gegen den Kläger und den Beklagten wegen des Verdachts der Hehlerei geführt wurden - die Vermutung aufkam, der ehemalige französische Eigentümer könnte den Diebstahl des Fahrzeugs zum Zwecke des Versicherungsbetrugs nur vorgetäuscht haben, wurde das Fahrzeug Ende 2013 von der Polizei freigegeben und vom Kläger zugelassen. Bereits kurz darauf wurden die Ermittlungen allerdings auch gegen die Parteien wiederaufgenommen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass bei einem Gebrauchtwagen ein Fahndungseintrag im Schengener Informationssystem (SIS) einen zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigenden Rechtsmangel darstellen kann.

Um seine Leistungspflicht zu erfüllen, hat ein Verkäufer dem Käufer nicht nur Eigentum an der Kaufsache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB*). Er muss weiterhin dafür sorgen, dass sie frei von Rechtsmängeln ist, der Käufer sie also unangefochten und frei von Rechten Dritter wie ein Eigentümer nutzen kann (§ 433 Abs. 1 Satz 2*, § 435 Satz 1**, § 903 Satz 1 BGB***). Insofern ist nicht erst die behördliche Sicherstellung oder Beschlagnahme eines Kraftfahrzeugs, sondern bereits dessen Eintragung in die Fahndungsliste aufgrund einer SIS-Ausschreibung als Rechtsmangel anzusehen. Denn eine solche Eintragung ist für den Käufer mit der konkreten, im gesamten Schengen-Raum bestehenden Gefahr verbunden, dass bei der Zulassung des Fahrzeugs oder einer Halteränderung oder einer polizeilichen Kontrolle die Eintragung festgestellt und ihm das Fahrzeug daraufhin auf unbestimmte Zeit entzogen wird.

Im vorliegenden Fall war dies im Jahr 2013 bereits für die Dauer von einigen Monaten geschehen. Nachdem die SIS-Eintragung weiterhin nicht beseitigt ist, muss der Kläger auch zukünftig im gesamten Schengen-Raum jederzeit mit einer erneuten Beschlagnahme rechnen. Gerade bei einem Entzug im Ausland wäre dies für ihn nicht nur mit einem erneuten zeitweisen Entzug der Nutzungsmöglichkeit, sondern insbesondere auch mit erheblichen Anstrengungen zur Wiedererlangung des Fahrzeugbesitzes verbunden. Weiterhin ist auch die (Weiter-)Verkäuflichkeit eines Pkw durch die Fahndungseintragung stark beeinträchtigt; denn der Kläger wäre redlicherweise gehalten, einen potentiellen Käufer über die SIS-Eintragung aufzuklären.

FAZIT:

Auch hier hilft MICARE PS – Denn letztlich darf das SIS seine Einträge nur an Behörden und in dringenden Fällen auch Anwälten zur Verfügung zu stellen. Einem privaten Oldtimerkäufer ist diese Auskunft verwehrt, sie bezieht sich i.d.R ja ohnehin nur auf die Fahrgestellnummer.

Quelle: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/2017006.html